Die Entscheidung

Zwei Personen stehen nackt am Strand, die Gesichter einander zugewandt mit noch unausgesprochenen Gedanken. Ohne jegliche erotische Bedeutung visualisiert diese Situation nur einen Naturzustand und dieser stellt die Ehrlichkeit unserer Gedanken dar. Die Körperhaltungen deuten ein unaufgeregtes Gespräch an – vielleicht ein belangloser Kommentar über den aufziehenden Sturm oder den höher werdenden Wellengang. Der Mann verschwindet hinter einer Düne, eventuell bereits mit einem Fuß im Wasser und stellt ein Bindeglied zwischen Vorder- und Hintergrund dar, mit Fischernetz fest im Griff kurz vor der nächsten Bewegung.

Erst auf den zweiten Blick fallen Schemen ins Auge, die aus den Wellen steigen, sich mit letzter Kraft an Land ziehen und verzweifelt in Richtung der Personen am Strand blicken. Nah genug, um von den Menschen längst bemerkt worden zu sein und doch weit genug entfernt, um weiterhin Distanz zu wahren. Wie kann es sein, dass wir das Elend anderer ignorieren und deren Schicksal damit für uns zu einer Randnotiz wird?

Auch der Mann im Vordergrund könnte weiterhin die Körper im Wasser ignorieren, wenn er stattdessen fischen will und die angespülten Menschen dabei sogar vielleicht als Hindernis empfindet. Im Hinblick auf die noch immer aktuelle Flüchtlingskrise gewinnt das Bild eine weitere, fast schon offensichtliche Bedeutung, welche aber auch sinnbildlich für die Schicksale stehen kann, die regelmäßig in unser Leben gespült werden.

Nicht angesprochen befinden wir uns – als Betrachter:innen – auf der sicheren Seite. Mit Land unter den Füßen beobachten wir, wie sich die Situation entwickelt und teilen unsere Aufmerksamkeit zwischen den privaten Details des Paares und dem sich nähernden Elend der Antreibenden im Wasser. Caroline nutzt die klare Struktur und Aufteilung dieser Grafik, um ein Ungleichgewicht darzustellen. Was verdient es, von uns bedacht zu werden?